Kooperativer CD-ROM-Server
1999 - 2006

 

Der unten beschriebene CD-ROM-Server ist seit März 2006 abgeschaltet, die Nutzergruppe hat sich aufgelöst.
Es existiert inzwischen ein gesamtbayerischer CD-ROM-Server, welcher von der Verbundzentrale des Bibliotheksverbundes Bayern betrieben wird.

 

Vorgaben und Ausschreibung

Seit etwa 1997 war die Bibliothek der Fachhochschule München durch eine Reihe von Professoren der technischen Fachbereiche mit dem Wunsch konfrontiert worden, direkt vom Arbeitsplatz aus die CD-ROM-Datenbanken der Bibliothek nutzen zu können. Alle Einschränkungen durch Öffnungszeiten der Bibliothek oder durch aufwendige Anfahrtswege sollten vermieden werden. Wer zusätzlich über einen Modemzugang zum Leibniz-Rechenzentrum bzw. zum Rechenzentrum der FH verfügte, sollte auch von zu Hause auf die Datenbanken zugreifen können. Zu diesem Zeitpunkt wurden die vorhandenen CD-ROM-Datenbanken auf zwei CD-ROM-Türmen vorgehalten und lediglich in einem lokalen Novell-Netz über 486er-PCs angeboten. Das System hatte sich in der Vergangenheit als sehr störanfällig, langsam, aufwendig in der Wartung und damit insgesamt als wenig benutzerfreundlich erwiesen. Durch die Zuteilung von Sondermitteln, die ausdrücklich zur Anhebung der Informationsdienstleistungen gedacht waren, konnte dem berechtigten Wunsch nach Verbesserung der Situation im Herbst 1998 entsprochen werden. Da die Bibliothek der FH München zu diesem Zeitpunkt durch das Ausscheiden der beiden damaligen Systemverwalterinnen große Probleme hatte, ihren EDV-Betrieb überhaupt aufrechtzuerhalten, ging sie gerne auf das Angebot der Bayerischen Verbundzentrale (damals noch: Generaldirektion der Bayerischen Staatlichen Bibliotheken) ein, den zukünftigen CD-ROM-Server im dortigen Sachgebiet für Systemverwaltung und Produktionsbetrieb zu platzieren und im Gegenzug für die Betreuung des Servers anderen bayerischen Fachhochschulbibliotheken den Zugriff zu ermöglichen. Durch dieses Vorgehen waren weitere Vorteile zu erwarten, insbesondere durch die Aufteilung der Betriebskosten und beim Abschluss von Konsortialverträgen. Zudem wäre es wohl für viele, insbesondere kleine Fachhochschulbibliotheken mit maximal zwei MitarbeiterInnen, unmöglich gewesen, einen entsprechenden Service selbständig aufzubauen. Die Rahmenbedingungen bei der Ausschreibung für den Datenbankserver wurden entsprechend den erweiterten Anforderungen formuliert: Angebotskapazität von 25 bis 35 CD-ROM-Datenbanken gleichzeitiger Zugriff für 30 Nutzer Zugriff unabhängig von der Plattform (Macintosh, Linux, Windows 3.11, Windows NT) des Endnutzers Möglichkeit zum weiteren Ausbau des gesamten Systems direkter Zugriff von der Homepage einer Bibliothek über einen WWW-Browser Möglichkeit zu einem Outsourcing-Vertrag für die Wartung.

 

Technische Ausführung

Sieger der Ausschreibung wurde die Firma R+R Messtechnik und Handel GmbH aus Graz mit ihrer CD-ROM Netzwerksoftware Ultra*NetTM3.5 Professional. Um dabei für den Endnutzer eine möglichst einfache Handhabung zu gewährleisten und besonders um den Wunsch nach Pattformunabhängigkeit zu erfüllen, wurde eine Lösung gewählt, die neben dem eigentlichen Datenbankserver (Ultra*NetTMServer) auch einen Applikationsserver beinhaltet. Bei dieser Rechner-Konfiguration findet die gesamte Anwendung - in der Regel eine Recherche - auf der Applikationsserver-Maschine statt. Lediglich die Bildschirmausgabe des Applikationsservers und die Tastaturausgabe des Client-PCs werden ausgetauscht. Die Netzbelastung wird dadurch sehr gering gehalten. Weder die Retrievalsoftware einer CD-ROM noch andere Programme oder Dateien müssen in der Regel auf einem Client-PC installiert werden. Die Administration des Applikationsservers ist zudem sehr einfach, da nur einige Zeilen im Ultra*NetTMSkript hinzuzufügen sind sowie das Setup-Programm für die Retrieval-Software einer neuen CD-ROM-Datenbank ausgeführt werden muss. Der Ultra*NetTMServer läuft unter Windows NT, der Applikationsserver unter dem Multiuser-Betriebssystem Windows Terminal Server 4.0, welches in Kombination mit METAFRAME 1.0 auch den geforderten Zugriff von Nicht-Windows-Plattformen ermöglicht. Um eine höchstmögliche Zugriffsgeschwindigkeit zu erreichen, wird der Inhalt der CD-ROMs auf die Festplatte des Ultra*NetTMServers gecached (d.h. es wird ein genaues Abbild der CD-ROM auf der Festplatte erstellt). Ein gleichzeitiges Starten mehrerer Recherchen in der gleichen Datenbank ist somit jederzeit problemlos möglich und verursacht keinerlei Einschränkungen bei der Zugriffsgeschwindigkeit. Der Ultra*NetTMServer besitzt entsprechend seiner Aufgabenstellung einen Pentium II Prozessor mit 400 MHz sowie einen insgesamt großen Plattenspeicher (ca. 60 GB), ausreichend für etwa 75 CD-ROMs. Das Servergehäuse ist so gewählt, dass die Plattenspeicherkapazität auf 396 GB (entspricht ca. 500 CD-ROMs) erweitert werden kann. Die Ausfallsicherheit des Systems wird durch Spiegelung der Systemplatten und ein RAID 5 System gewährleistet. Der Applikationsserver ist als Doppelprozessormaschine (2 x Pentium II mit 400 MHz) mit großem Arbeitsspeicher (512 MByte) ausgelegt. Beide Server sind über ein 100 MBit Backbone miteinander verbunden. Der Zugriff auf den Applikationsserver wird durch ein Programm namens Quotas derart modifiziert und konfiguriert, dass die unterschiedlichen Fachhochschulen nur ihr eigenes Menü (Angebot der verfügbaren CD-ROM-Datenbanken) vorfinden und Zugriffe nur entsprechend der für jede FH separat eingetragenen Anzahl an Lizenzen möglich sind. Die Zugriffskontrolle erfolgt dabei über eine Abprüfung der IP-Adresse.

 

Laufender Betrieb, Geschäftsordnung und Finanzierung

Die Anfangskoordination übernahm neben der Fachhochschulbibliothek München maßgeblich die Fachhochschulbibliothek Ingolstadt und die Abteilung Wissenschaftliches Bibliothekswesen der Bayerischen Staatsbibliothek. Die ursprünglich 9 Teilnehmer der "Nutzergruppe des zentralen CD-ROM-Servers der bayerischen Fachhochschulen an der Bayerischen Staatsbibliothek" (die FHBs Amberg-Weiden, Ansbach, Augsburg, Coburg, Deggendorf, Hof, Ingolstadt, München und Nürnberg) einigten sich im Juli 1999 auf eine gemeinsame Geschäftsordnung, welche u.a. die Modalitäten der Servernutzung, die Aufnahme neuer Mitglieder und die Kostenverteilung regelt. Die Nutzergruppe trifft sich regelmäßig, jedoch mindestens einmal im Jahr im Zusammenhang mit der Beratungskonferenz der Bayerischen Fachhochschulbibliotheken, jeder Teilnehmer verfügt unabhängig von der Größe der Fachhochschule über eine Stimme.

Die Fremdvergabe der Software-Wartung (incl. der Einspielung neuer CD-ROM-Datenbanken und der regelmäßigen Updates) an die Firma R+R erforderte die Einigung auf einen Pool von Kerndatenbanken, die insofern leicht zu erzielen war, als sich das Lehrangebot der bayerischen Fachhochschulen im wesentlichen auf die Bereiche Technik, Wirtschaft und Sozialpädagogik beschränkt. Darüber hinaus besteht für jede Bibliothek die Möglichkeit, zusätzliche Datenbanken auf eigene Rechnung aufzulegen, soweit das Nutzungsgremium sein Einverständnis erklärt.
Die Grundanschaffung des Servers tätigte die Bibliothek der Fachhochschulbibliothek München, die Kosten für Hardware-Wartung sowie das Outsourcing der Software-Wartung werden von ihr vorgestreckt und im laufenden Jahr auf alle Nutzer umgelegt. Um dabei komplizierte Berechnungen nach Zugriffszahlen zu vermeiden, wurde hier ein simpler Umlageschlüssel gewählt, der sich nach der Größe der jeweiligen FH richtet (Einteilung in drei Größen: groß: mehr als 5.000 Studenten - 3 Anteile; mittel: 2.000 bis 5.000 Studenten - 2 Anteile; klein: weniger als 2.000 Studenten - 1 Anteil). Durch die Kostenumlage für die Wartung wird der finanzielle Aufwand für die einzelne Bibliothek minimiert, bzw. macht kleineren Bibliotheken ein Serviceangebot dieser Art überhaupt erst möglich.

Für das reibungslose Funktionieren eines solch unkonventionellen Zweckverbands sind neben einer juristischen Grundlage und einer kontinuierlichen Koordination vor allem unbürokratisches und schnelles Handeln die Voraussetzung. Deshalb wurde für die aktuelle Diskussion innerhalb der Server-Gruppe eine Mailing-Liste eingerichtet, über welche grundsätzlich auftretende Fragen erörtert, Störfälle gemeldet und über die Aufnahme neuer Mitglieder und das Auflegen neuer Datenbanken entschieden wird. Die Fachhochschulbibliothek München übernimmt hier als "primus inter pares" die notwendigen Abgleichungen und dient als Ansprechpartner für die Verbundzentrale.
Einer der Hauptbeweggründe für den Abschluss eines Outsourcing-Vertrages war es, den Zeit- und Arbeitsaufwand für die an Fachhochschulbibliotheken grundsätzlich nebenamtlichen EDV-Systemverwalter so gering wie möglich zu halten und auch die Verbundzentrale so wenig wie irgend möglich durch zusätzliche Arbeit zu belasten. Das Einspielen neuer CD-ROMs bzw. Updates geschieht daher wie folgt: Für die Datenbanken des gemeinsamen Pools übernimmt zentral die FHB München die Weitergabe der CD-ROM-Scheibe an die Verbundzentrale. Diese cached die Scheibe einmal  auf den Datenbankserver und meldet dies an die Firma R+R - ein Vorgang, der nicht mehr als einige Minuten in Anspruch nehmen sollte. Firmenseitig erfolgt nun innerhalb von zwei Tagen über ein ISDN-Modem alles weitere, wie z.B. das Zuspielen der Retrieval-Software. Nur für Datenbanken, die der Firma R+R noch nicht bekannt sein sollten, muss die CD-ROM nach dem Cachen per Post nach Graz geschickt werden, damit dort vor Ort ein neues Retrieval-Script erstellt werden kann.

Die Benutzerverwaltung (Vergabe von Benutzerrechten, Hinzufügen von neuen Benutzern und deren IP-Adressen) wird ebenfalls von der Verbundzentrale wahrgenommen, die Client-Installation bzw. das Installieren des Plug-Ins für jedes Endgerät wird, soweit dies überhaupt erforderlich ist, vom jeweiligen Endnutzer gemäß Online-Dokumentation auf den Web-Seiten des CD-ROM-Servers durchgeführt.

 

Kataloganbindung

Bisher wurden Datenbanken i.d.R. nicht in Bibliothekskataloge eingebracht. Durch den Einsatz des SISIS-Erwerbungsmoduls SIERA, welches eine Verzeichnung im Verbundkatalog voraussetzt, ergibt sich jedoch neuerdings die Notwendigkeit, die abonnierten Datenbanken auch katalogtechnisch nachzuweisen. Geplant ist weiterhin die Aufnahme des FH-Server-Angebotes in die Elektronische Bibliothek Bayern (EBB), welche "elektronische Ressourcen im Fernzugriff" verzeichnet. Vorarbeit hierfür wurde indirekt geleistet durch die "Elektronische Zeitschriftenbibliothek"  (EZB) der Universitätsbibliothek Regensburg, ein umfangreicher Nachweis von Online-Zeitschriften im Internet, deren Einbringung in den BVB-KAT es nötig machte, auch die sinnvoll geregelte Angabe von URLs für den Bayerischen Verbundkatalog einzuführen. Diese URLs werden in JAVA- und HTML-OPACs als Links umgesetzt und können per Mausklick vom Benutzer direkt angesteuert werden. Ebenso wie im Falle der EZB wird beim FH-Server auf eine Frontdoor (= Eröffnungs-Seite) gelinkt. Hier erfolgt der IP-Check, der gewährleistet, dass nur "berechtigten" Geräten tatsächlich den Zugriff auf die jeweilige elektronische Zeitschrift bzw. Datenbank gewährt wird. Demnächst weiteren Komfort verspricht die von der Firma R+R angekündigte Software Ultra*NetTM 2000, die es erlauben wird, den IP-Check ohne den Umweg einer Frontdoor durchzuführen und so unmittelbar auf die entsprechende Datenbank zu gelangen.

 

Konsortialverträge

Wie von selbst ergibt sich durch die gemeinsame Servernutzung auch der Abschluss von Konsortialverträgen für die Nutzung einzelner Datenbanken. Durch die Flexibilität der Zugriffssteuerung ist es möglich, dass sich z.B. 11 Bibliotheken 8 Lizenzen teilen. Nicht zuletzt durch diese Möglichkeit können Gelder eingespart werden, denn im Normalfall müsste jede Bibliothek mindestens eine Einzellizenz erwerben, die sie u.U. nicht einmal voll ausnutzen kann oder sich erst gar nicht leisten könnte. Entsprechend diesem Modell haben sich z.B. 1999 mehrere kleine Fachhochschulen jeweils eine einzige Lizenz der Elektrotechnik- bzw. Maschinenbau-Datenbank von FIZ Technik geteilt.

Konsortien sind für das Jahr 2000 für die GBI-Datenbanken WISO I, II, III und WISO BANK mit zufriedenstellendem Erfolg gebildet worden, die Verhandlungen für die Datenbanken von FIZ-Technik stehen kurz vor dem Abschluss. Die Verhandlungen bzw. die Koordination der einzelnen Nutzerwünsche übernimmt jeweils eine einzelne Bibliothek, im Falle des GBI wurde im Rahmen einer bayernweiten Lösung direkt von der Abteilung Wissenschaftliches Bibliothekswesen der Bayerischen Staatsbibliothek verhandelt. Bei der Kostenumlage hat sich im ersten Betriebsjahr der Verteilungsschlüssel für das Outsourcing so gut bewährt, dass er auch bei der Bezahlung von Datenbank-Konsortiallösungen Anwendung findet.

Große Hilfestellung für solche Verhandlungen bietet eine relativ einfach zu verwaltende Zugriffsstatistik, die ebenfalls von der Verbundzentrale erstellt wird. Die WISO I - III zum Beispiel, eine vergleichsweise häufig genutzte Datenbank, weist für 8 Fachhochschulen zusammen über 3.800 Zugriffe im Jahr 1999 auf.

Im Juli 2000 stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Auf dem zentralen CD-ROM-Server stehen insgesamt 34 Datenbanken, CD-ROM-Lexika und CD-ROM-Zeitschriften zur Verfügung. Die Nutzergruppe, die im Laufe ihres ersten Jahres aus ursprünglich 9 Fachhochschulbibliotheken bestand, umfasst mittlerweile alle 16 bayerischen Fachhochschulbibliotheken sowie das Deutsche Museum in München. Selbst wenn - wie abzusehen - immer mehr Datenbankanbieter ins Internet überwechseln, sind die derzeitigen Kosten für die CD-ROM-Server-Lösung immer noch um einiges günstiger, ja, teilweise für finanziell nicht opulent ausgestattete Institutionen überhaupt erst tragbar.

Vergleicht man die Zugriffszahlen des FH-Servers mit der Nutzung von CD-ROM-Datenbanken an den Universitäten, so wird man feststellen, dass an den Fachhochschulen noch großer Nachholbedarf besteht. Dies lässt sich nicht alleine durch ein besseres Marketing für die Datenbanken ändern. Erst die weitere Zunahme der anwendungsbezogenen Forschung und erste Ansätze von Grundlagenforschung an den bayerischen Fachhochschulen werden dazu beitragen, dass das Angebot von elektronischen Bibliographien nicht nur für einige Professoren einen wichtigen Bibliotheksservice darstellt, sondern für alle Mitglieder der Hochschule zu einer Selbstverständlichkeit wird.

 

Stand: Juli 2000

 

 

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